geschrieben von Franziska Mietzsch
Am 6. Mai 2008 war es endlich soweit – wir, das Team der U19 Damen Nationalmannschaft waren startklar für den Trip zur lang ersehnten Weltmeisterschaft in Polen. Von Aufregung schien bis zum Abfahrtszeitpunkt in Leipzig jede Spur zu fehlen. Wahrscheinlich konnte bis zu jenem Zeitpunkt keiner von uns realisieren, was uns noch bevorstehen würde. Nur zwei unserer Mädels hatten zuvor an einer WM teilgenommen, für alle anderen war das internationale Parkett noch neu. In Vorbereitung auf das große Event repräsentierten wir Deutschland zwar bereits in zwei Länderturnieren, doch jede von uns wusste, dass die WM nicht mit den Testspielen gleichzustellen war.
Nachdem wir in Babimost angekommen waren und zahlreiche Plakate mit der Aufschrift „Women U19 World Floorball Championships Poland 2008“ gesehen hatten, machte sich schließlich doch ein mulmiges Gefühl breit. Erst in diesem Augenblick wurde mir bewusst, dass ich meinem großen Traum so nahe war. Viele Gedanken und Fragen gingen mir durch den Kopf: „Werden wir unser Mannschaftsziel – den Klassenerhalt – erreichen?“, oder „Werden wir überhaupt unsere maximale Leistung abrufen können?“. Da war sie nun, die Nervosität – lange unterdrückt und doch unvermeidlich. Zu meiner Beruhigung merkte ich, dass es mir nicht allein so erging, sondern auch viele andere Spielerinnen in diesem emotionsgeladenem Zustand waren.
Im Flur unseres Hotels wurden von Trainerin Silke Unger durch diverse Blätter noch einmal die Mannschaftsziele, die persönlichen Ziele jeder Spielerin und unsere Gegner vor Augen gehalten. Mit Gruppengegnern wie Polen, Tschechien und Schweden hatten wir ein schwieriges Los gezogen, doch wollten wir das Beste aus der gegebenen Situation herausholen, sowie Kampfgeist und Teamstärke beweisen. Bereits im Voraus war uns klar, dass der erste Schritt bereits getan war: sowohl in den zahlreichen Trainingslagern, als auch in den Länderspielen waren wir als eine einheitliche Mannschaft zusammengewachsen und hatten mehrmals unseren Teamgeist bewiesen.
Vom 7. bis 11. Mai war „WM-Feeling“ pur angesagt, denn in diesen Tagen bestritten alle Teams die angesetzten Spiele. Wir, die zweitjüngste Mannschaft des Turniers, trafen am Mittwoch in der ersten Partie auf die Gastgebermannschaft von Polen. Das wohl wichtigste Spiel der Vorrunde wollten beide Seiten um jeden Preis gewinnen und man setzte alle Siegeshoffnungen in dieses Duell. Polen war wohl der einzige Gegner, gegen den man sich in der Vorrunde eine realistische Chance ausmalte, da man eine Woche zuvor eine solide Leistung gegen die polnische Damennationalmannschaft bot. Unterschätzt hatten wir die gut in Form gebrachten Polinnen dennoch nicht! Während des Spiels wurde aber schnell deutlich, dass die gegnerische Mannschaft eindeutig überlegen war – so mussten die jungen deutschen Mädels wohl oder übel ein gerechtfertigtes 0:7 hinnehmen. Enttäuscht gingen wir zurück in unser nahe gelegenes Hotel und hofften auf bessere Spiele in den nächsten Tagen. Am Donnerstag trafen wir im zweiten Spiel auf das tschechische Team. Unsere Kampfstärke und die überragende Leistung unserer Torhüterin Nancy Gatzsch aus Weißenfels verschafften uns zwar keinen Sieg (1:5), trotzdem konnte man den mitgereisten Fans ein gutes Match bieten. Im letzten der Vorrundenspiele stellte sich das Team um Silke Unger auf die Stars des Unihockeys aus Schweden ein. Allen war klar, dass man diese Partie nicht für sich entscheiden konnte. Ich kann mich noch sehr gut an die Worte von Silke erinnern: “Ihr sollt einfach nur von den Schwedinnen lernen und so viele Erfahrungen wie möglich sammeln“. Zu diesem Zeitpunkt konnte jedoch keiner von uns achtzehn Mädels ahnen, dass uns die Damen aus dem Norden Europa regelrecht vorführen würden. Das Endergebnis von 0:22 sprach letztendlich für sich und brauchte keinerlei weitere Worte. Die Enttäuschung war natürlich groß, doch der Trainerstab bemühte sich sehr uns wieder aufzubauen und Mut für das letzte bevorstehende Spiel gegen die Letten zu zusprechen. Nun hieß es noch einmal die bestmögliche Leistung abzurufen und bis zum bitteren Ende zu kämpfen, da es um alles (Klassenerhalt) oder nichts (Abstieg in die B-Division) ging. Jede von uns versuchte noch einmal ihr Bestes zu geben, wodurch wir auch erstmals in Führung gehen konnten. Das Glück stand jedoch auf Seiten der lettischen Mannschaft, die dreißig Sekunden vor Schluss noch das 3:2 erzielten und die Partie damit gewannen. Unser WM-Ziel – zerplatzt… Wir versuchten eine gute Mine zum bitteren Ende zu machen.
Leider konnten wir den Klassenerhalt nicht gewährleisten und mussten sowohl Tiefschläge, als auch das ein oder andere Tor kassieren. Trotz allem kann man sagen, dass wir uns nach einem schwachen Start trotzdem noch einmal gefangen haben und unseren Kampfgeist nie aufgegeben hatten. Auch wenn unser 18-köpfiges Team nicht Sieger der WM geworden ist, so können wir uns mit Recht als „Sieger der Herzen“ bezeichnen. Wie sagt man doch so schön: „Dabei sein, ist alles!“
An dieser Stelle möchte ich noch meinem Fanclub danken. Ihr wart echt spitze und die Lautesten noch dazu! Ohne euch wäre die WM nur halb so schön gewesen. Danke für die Unterstützung!
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